Flektogon

Carl Zeiss Jena - Flektogon

Das Carl Zeiss Jena Flektogon ist ein Weitwinkelobjektiv, welches nach dem Prinzip eines Retrofokus-Objektives konstruiert ist. Quasi zeitgleich mit der französischen Firma Angeniéux wurde bei Carl Zeiss Jena zwischen 1949 und 1952 das moderne Retrofokus-Objektiv entwickelt.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich ein frühes 35 mm Flektogon für Exakta finden konnte. Dieses trägt die Nummer 3473854M und stammt aus einer kleinen Charge (15 Stück) vom 30.09.1952. Diese Charge trägt den Vermerk "V 118" (siehe [1]).

Nach meiner Interpretation müsste es sich bei diesem Objekitv um ein Muster beziehunsgweise um eine Vorserie handeln. Die dem 35 mm Flektogon zugrundeliegende (zweite) Rechnung stammt übrigens vom 08.02.1952 (siehe [1]), ca. 7 Monate vor Fertigung des Flektogons mit Nr. 3743854M.

Flektogon 2,8 / 35 mm (0,35 m) 

  • Von der 35 mm Version des Flektogons, konnte ich bisher 5 generell verschiedene Bauformen finden, die man aufgrund kleiner Unterschiede in verschiedene Varianten unterteilen kann. In Summe habe ich aktuell ungefähr 10 verschiedene Flektogone für Exakta in meiner Sammlung. Im Folgenden unterteile ich diese in eine erste Gruppe mit Naheinstellgrenze von 0,35 m und eine zweite Gruppe mit kleinstem Fokus von 0,18 m, oft als "Makro-Flektogon" bezeichnet.

    0. Bauform, Musterobjektiv / Vorserie

    Es handelt sich hier um ein sehr frühes Flektogon, wahrscheinlich einem Muster, mit Zusatz "M" hinter der Seriennummer. Oben im Text habe ich schon Informationen zum Herstellungsdatum u. ä. erwähnt. Äußerlich besitzt das Obejktiv folgenden Merkmale. Wie die erste reguläre Version handelt es sich um ein manuelles Objektiv mit Blendeneinstellung und -vorwahl an der Front. Die Bezeichnung des Blendenrings ist mit zusätzlichen Strichen zur Markierung versehen (findet sich auch beim Biotar oder Tessar). Der Blendenring ist im Allgemeinen etwas anders gestaltet als bei der regulären Version. Des Weiteren trägt die Objektivbezeichnung zusätzlich ein rotes "T", welches für die Vergütung steht. Die Entfernungsskala ist nur in [m] angegeben.

    1. Bauform, Mitte 1950er Jahre, manuelle Alu-Version
    Dies ist die meinem Erachten nach erste reguläre Version des Flektogons. Das Objektiv besitzt eine manuelle Blendeneinstellung mit Vorwahl. Das Gehäuse ist aus blankem Aluminium. Im Gegensatz zur Vorserie bzw. zum Muster findet sich in der Bezeichnung kein rotes "T", dafür aber das Gütesiegel 1Q. In dieser Baureihe gibt es ein größere Charge bei der Seriennummern versehentlich doppelt vergeben wurden (Quelle [1]). Carl Zeiss löste dieses Problem, in dem bei den doppelten Seriennummern ein zusätzliches "A" am Ende der Nummer ergänzt wurde. Es gibt in dieser Bauform Varianten mit und ohne zusätzlicher Entfernungsangaben in [feet].

    1.1. Bauform, Mitte 1950er Jahre, manuelle Praktina-Version (adaptiert)

    Ich gehe aktuell davon aus, dass es sich hier um keine reguläre Version für Exakta handelt. Wahrscheinlich wurde hier ein Flektogon für Praktina auf Exakta-Bajonett umgebaut. Das gezeigte Exemplar habe ich in den USA gekauft.

    2. Bauform,  Ende 1950er Jahre (Halb-) Automatik-Version

    Mit dieser Version wurde die automatische bzw. halb-automatische Springblende eingeführt. Der Blendenmechanismus muss händisch aufgezogen werden und springt beim Auslösen auf den eingestellten Wert. Die Springblende ermöglicht das Einstellen bei Offenblende. Im Zuge dieser technischen Änderung erhielt das Objektiv einen Auslöserarm und ein Aufzugshebel.

    In dieser Bauform habe ich Exemplare gefunden, bei denen der Bezeichnungsring konisch ausgeführt ist und Exemplare, bei denen der Ring flach ausgeführt ist (siehe Fotos unten)

    3. Bauform, Anfang 1960er Jahre, frühe Automatik-Version (0,35 m)

    Die letzte mir bekannte Version mit einer Naheinstellgrenze von 0,35 m, aber dafür bereits in modernerem Design in Schwarz. Technisch handelt es sich nun um eine voll-automatische Springblende, die beim Auslösen schließt und dann automatisch wieder öffnet. In diesem Zuge wurde auch der Auslöserarm neu gestaltet. Durch drücken und drehen des Auslösers kann wieder auf manuelle Blende (Arbeitsblende) gewechselt werden. Mit dieser Bauform wanderte die Blendeneinstellung von der Front zum hinteren Ende des Objektivs. Der Fokusring wandert in diesem Zuge an die Front. Ein weiteres neues Detail ist die Infrarotmarkierung bei der Fokusskala (kleiner roter Punkt).

    Flektogon 2,8 / 35 mm (0,18 m)

  • 4. Bauform, 1960er bis Mitte 1970er Jahre Automatik-Version (0,18 m)

    Das Design ähnelt der Vorgängerversion, wobei das Objektiv nun eine etwas bauchigere Form besitzt. Hauptmerkmal ist die Naheinstellgrenze von 0,18 m in deren Zusammenhang eine weitere technische Besonderheit implementiert wurde. Das Objektiv besitzt jetzt auch eine automatische Blendenkorrektur. Ich zitiere aus dem Informationsblatt:

    "...Da bei voller Öffnung der Blende eine zusätzliche Vergrößerung des Blendendurchmessers nicht möglich ist, stellt sich der Blendenring beim Übergang von ∞ auf den kürzesten Nahwert automatisch auf einen kleineren Wert ein und gibt somit auch in diesem Falle das tatsächliche Öffnungsverhältnis an. Ein Aufblenden auf volle Öffnung ist deshalb nur möglich, wenn das Objektiv wieder auf ∞ eingestellt wird..."

    In dieser Bauform gibt es verschieden gestaltete Varianten auf, die ich im Folgenden eingehe. Alle Varianten sind aber technisch quasi identisch.

    4.1 Bauform, Anfang/Mitte 1960er Jahre Automatik-Version (0,18 m) - genoppter Plastikring

    Am Fokusring befindet sich ein genoppter Kunststoffring.

    4.2 Bauform, Mitte/Ende 1960er Jahre Automatik-Version (0,18 m) - Lederring

    Am Fokusring befindet sich eine Belederung.

    4.3 Bauform, Anfang/Mitte 1970er Jahre Automatik-Version (0,18 m) - Zebra

    Das Design des Fokusrings und des Blendenrings wurde überarbeitet. Diese Variante wird gern als "Zebra" bezeichnet. In dieser und den vorab genannten Varianten finden sich auch verschiedene Bezeichnung für den Hersteller. Bei der "Zebra"-Version sind es meiner Erfahrung nach aber die meisten Varianten. Ich habe bisher folgende Herstellerbezeichnungen gefunden: "Jena", "ausJena", "Carl Zeiss Jena", "Carl Zeiss Jena DDR" und "aus Jena DDR". Im Zuge dieser Version verschwand das Gütesiegel "1Q" in der Bezeichnung. Ein weiteres kleines Detail, welches sich im Zuge dieser Version änderte, ist die Farbe der Blendenwerte auf dem Blendenring. Die Farbe änderte sich von rot auf schwarz.

    5. Bauform, Mitte 1970er bis Mitte 1980er Jahre

    Nun komplett schwarz gehalten und abermals überarbeiteter Gehäuseform. Die Form ist jetzt weniger bauchig und mehr zylindrisch. Der Fokusring ist gerändelt. Anstelle der Infrarotmarkierung wurde nun die Blende "4" rot eingefärbt.

    5.1 Bauform, Mitte/Ende 1970er Jahre

    Die Seriennummer war hier noch 7-stellig. Die abgefaste Kante oberhalb des Fokusrings ist silber.

    5.2 Bauform, Anfang/Mitte 1980er Jahre

    Die Seriennummer ist nun 4-stellig. Die abgefaste Kante oberhalb des Fokusrings wurde ebenfalls schwarz eloxiert.

    Oben im Bild, Vergleich der verschiedenen Bezeichnungsringe der 2. Bauform inkl. einer OVP und eines orignal Köchers.

    Unten im Bild OVP der 4. Bauform mit Beipackzettel (siehe Zitat oben).

    Rechts im Bild, Beispiel für eine Gravur.


    Quellen

    [1] Thiele, H.: Fabrikationsbuch Photooptik II, Carl Zeiss Jena, 4. überarbeitete Auflage. Privatdruck München, 2006.

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